Sunday, December 10, 2023

Radsportstar Jan Ullrich über Doping und Alkoholsucht: „War nicht weit vom Tod entfernt“

Er wurde wegen Dopings verurteilt und stürzte dann ab. Nun sprach Jan Ullrich über die schwerste Zeit seines Lebens.

Drogen, Doping, Tod: Deutschlands ehemaliger Radsportstar Jan Ullrich hat tiefe Einblicke in die mittlerweile überwundene Lebenskrise gegeben. Im Interview mit dem „Stern“ sprach der Tour-de-France-Sieger von 1997 über die schwierige Zeit nach dem Dopingskandal, seine Alkoholsucht und die Eskapaden auf Mallorca. „Ich war nicht weit vom Tod entfernt“, sagte Ullrich.

Der heute 49-Jährige erlitt 2018 einen schweren Sturz und sorgte unter anderem mit seinem Drogenkonsum für negative Schlagzeilen. Drei Jahre zuvor war er mit seiner Frau Sara und den drei Kindern nach Mallorca gezogen. Es sei „in erster Linie eine Flucht vor dem tristen deutschen Winterwetter“ gewesen, sagte Ullrich: „Am Ende folgte der Absturz – so tief, noch tiefer konnte es nicht gehen.“

Ullrich wurde von Einsamkeit geplagt, als seine Familie ihn verließ. Er begann zu trinken. „Aus Wein wurde Whisky. Zuerst eine Flasche pro Tag, später bis zu zwei. „Es war eine totale Betäubung“, sagte der gebürtige Rostocker. Von da an habe sich seine Finca zu einem „Party-Ort“ entwickelt, „irgendwann hat jemand Kokain mitgebracht“ und das „verwandelt einen in kürzester Zeit von einem Menschen in ein Monster“, gestand Ullrich.

Doch als seine Frau Sara drohte, er dürfe seine Kinder nicht mehr sehen, lenkte Ullrich ein. Das sei „der einzige Grund“, sich „medizinisch behandeln zu lassen“, sagte er: „Ich wusste: Ich musste etwas tun, wenn ich.“ wollte sie sogar wiedersehen.

Ullrich äußerte sich auch zum Thema Doping. „Ohne Hilfe, so die damals weit verbreitete Auffassung, wäre es, als würde man nur mit einem Messer bewaffnet in eine Schießerei gehen“, sagte er. Nach seinem Einstieg beim damaligen deutschen Top-Rennstall Telekom im Jahr 1995 habe er „ziemlich schnell gelernt, dass Doping weit verbreitet ist“. 1997 gewann Ullrich als einziger Deutscher die Tour de France.

Mit dem Gleichstellungsargument wollte er jedoch 2006 nicht an die Öffentlichkeit gehen, nachdem er wegen Verbindungen zum spanischen Dopingarzt Eufemiano Fuentes vom Team suspendiert worden war. „Ich wollte kein Verräter sein. Ich wollte keine Halbwahrheiten verbreiten und schon gar nicht die ganze Wahrheit“, sagte Ullrich und verwies auf rechtliche Zwänge. „Daran hingen Existenzen, Familien, Freunde. Die Anwälte sagten mir: Entweder du gehst raus und reißt alles nieder, oder du sagst gar nichts.“

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